Literatur-Werkstatt Paradox
Unglaublich, aber paradox.
Soziale Monarchie
Mauerhelden

Helden des Mauerbaus 

-eine Branche zwischen Berlin und Heiligendamm-

Wir alle wissen: die Globalisierung schreitet voran; mal torkelt sie schlurfend daher, mal haut sie einem das alte Weltbild um die Ohren.

Aber eins ist sicher: sie vergisst niemanden.

Zum Beispiel die Helden des Mauerbaus, die auf einen Schlag im Jahre 1989 ihr Lebenswerk unter den Spitzhacken der Mauerspechte zusammenbrechen sahen.

Jedoch nicht nur ihr selbstschussbewehrtes Meisterstück, auch die Baumeister selbst mussten die Waffen strecken vor dieser neuen Zeit. Dachte man !

Aber: konnte die Welt es sich leisten, diese einzigartigen Fähigkeiten brachliegen zu lassen? Welch gewaltige Kompetenz war es doch, mit einem Sperrwerk aus Beton und Stahl dem scheinbar omnipotenten Menschen Einhalt zu gebieten !

Wie schon 1945 für deutsche Raketenkonstrukteure und Atomphysiker öffneten sich für die hochqualifizierten Mauerbauer aus dem deutschen Osten die Grenzen der USA.

Kein Zweifel: ein Nachfolger für den abgetretenen Erzfeind Weltkommunismus würde sich über kurz oder lang schon einstellen; Geduld ist die Tugend des Mauersoldaten.

Und so überbrückte das Team ‚Schutzwall’ die Zeit des Wartens mit fithaltenden Übungen;es restaurierte die historischen Mauern von Fort Knox, führte Putzarbeiten im kubanischen Hinterhof des Weißen Hauses aus und behielt wachsam die mexikanische Grenze im Auge.

Als der Terrorismus zum globalen Feind Nr.1 aufstieg, stand das Team ‚Schutzwall’ Betonmischer bei Fuß bereit.

Aus den Lehrbüchern wurde das Kapitel über den ‚antifaschistischen Schutzwall’ gründlich gestrichen und ersetzt durch den Exportartikel ‚antiterroristischer Schutzwall’.

Wie wir heute wissen, stellten die USA selbstlos den Einsatz der Mauerbauer an der mexikanischen Grenze zurück; auch der vorbeugende Mauerbau rings um Manhattan wurde tragischerweise dem weltweiten Einsatz der deutschstämmigen Schutzwallbrigade geopfert.

Wir alle wissen: die Globalisierung schreitet voran.

Der absolute Höhepunkt der Epoche des ‚Neo-Mauerbaues’ wurden dann in den Jahren 2002-2007 erreicht.

Die Schüler der Original-Mauerbaumeister lieferten 2002 mit dem antipalästinensischen Schutzwall im Westjordanland ihr weltweit beachtetes Gesellenstück ab.

Und 2007 läuteten sie das Ende des Staates Irak mit dem antischiitischen Schutzwall quer durch Bagdad ein, der unerklärlicherweise an der iranischen Grenze endete.

Heute ist die Zeit gekommen, dass die Mauerbau-Bewegung sich wieder ihren Ursprüngen zuwendet; die Enkel der Mauerbaumeister von 1961 wissen, was sie ihren deutschen Wurzeln schuldig sind.

Und daher schließt sich vorläufig der Kreis mit einem Ort, dessen Name angesichts der Baumaßnahmen dort wie versuchte Gotteslästerung klingt: Heiligendamm.

Da klingt das Echo der Worte eines ehemaligen Machthabers hinterdrein: Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten.

In der Tat: es ist ja nur ein Zaun, ein leichtes Sperrwerk, vielleicht kann man es als Bauwerk in Ostsee-Nähe sogar als Damm bezeichnen, und der ist bei Sturmflut allen heilig.

Die Enkel der alten Mauerbaumeister aber schreiben eine Karte an den Großvater in Ohio: nach langer Odyssée endlich wieder im Heimatland des Mauerbaus !

 

 

Guantanamo revisited

Nach unbestätigten Meldungen ist ein Staatsvertrag zwischen den USA und Deutschland in der Planung, der die Nachnutzung von Heiligendamm zum Thema hat.

Es liegt nahe, die horrende Verschwendung von Kapital und Energie beim Festungsbau in satte Gewinne von Stärke und Handlungsfähigkeit umzuwandeln.

Die USA sehen sich endlich genötigt, den weltweiten Appellen zurAuflösung des Gefangenenlagers in Guantanamo nachzukommen.

Dies wird durch eine Verlagerung dieser Hochburg von Menschenrecht und Völkerrecht in das alte Europa möglich; Heiligendamm wird zum neuen Auffanglager für die Vor- und Nachhut der Terrorverdächtigen ausgebaut.

Beiläufig wurde bekannt, dass Guantanamo ohnehin bald als Begrüßungszentrum für

auswanderungswillige Kubaner gebraucht würde – nach dem in Kürze erwarteten Ableben des Maximo  Leader Fidel Castro.









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